25 April 2007

Verantwortung zurück geben


Ich trage etwas. Zuviel und vor allen Dingen nicht meines. Es schadet mir, weil ich nicht bei mir selbst sein kann. Und es schadet demjenigen, dessen Verantwortung ich trage, weil er sich so nicht selbst helfen kann.
Es passiert immer wieder im Leben: In kleinen wie in großen Dingen. Das Gute: Ich erkenne immer früher, wenn das der Fall ist. Und: Ich kann die Verantwortung dann wieder zurück geben.
Zuletzt ist mir das bei einem Familienmitglied passiert. Ich machte mir Sorgen, habe geholfen, weil jemand in Not war. Weil ich es nicht mehr ertragen konnte, das Leid zu erleben. Weil es mir weh getan hat und ich mit diesem Schmerz schwer leben konnte. Es ist wichtig, füreinander da zu sein. Und es ist auch wichtig, rechtzeitig wieder loszulassen, damit derjenige wieder seinen eigenen Weg findet und geht. Auch wenn er stolpert, auch wenn er fällt. Ich möchte Vertrauen entwickeln: "Er wird SEINEN Weg finden. Lass die Hand los. Er braucht genau diese Erfahrung in seinem Leben und die darf ich nicht nehmen." Klingt leicht, ist es aber nicht.
Das Problem: Ich bin mit meiner Aufmerksamkeit nicht mehr bei mir. Ich vernachlässige meine Bedürfnisse. Lasse mich selbst im Stich. "Ich brauche keine Hilfe. Ich komme gut klar." Und dabei brauche ich selbst von mir die Zuwendung.
Ich übernehme das Tragen eines Sacks, der nicht meiner ist. Weil ich dem anderen das Tragen nicht zutraue? Weil ich glaube, dass ich es besser kann? Weil ich glaube, dass es einer tun muss, sonst...?
Ich erinnere mich an eine Familienaufstellung, die ich gemacht habe: Wie leicht man als liebender Mensch in die Rolle der Verantwortung schlüpft. Will helfen, weil jemand in Not ist. Hat er wirklich um Hilfe gefragt? Oder liegt dieser Hilferuf schon lange zurück und ich fühle mich noch immer in der Verantwortung zu helfen? Der ehemals Hilfebedürftige kann schon längst wieder laufen und ich rufe im Hintergrund immer noch: "Pass auf, da kommt das nächste Schlagloch!" Das nervt. Wie soll man da wieder lernen, auf sich selbst zu achten?
Es war Zeit, den Sack zurück zu geben. Und in Gedanken sah ich mich den Sack vor der Hautüre abstellen, klingeln und weggehen. Die Tür wurde aufgemacht und da war jemand froh über die Lieferung. Hat erst mal den Sack aufgeräumt, einige Sachen weggeschmissen, andere in den eigenen Rucksack gepackt. Ja, so einfach war das.
Lieber Gott, bitte lass mich immer nur dann helfen, wenn der Andere um Hilfe fragt. Mein Gegenüber darf klagen und jammern, das ist für mich keine Aufforderung zu handeln. Ich möchte meinem Gegenüber seine Verantwortung lassen und ich glaube daran, dass er selbst weiß, wann der richtige Zeitpunkt ist, um Hilfe zu fragen.
Bitte gib mir die Kraft, bei mir selbst zu bleiben und zu erkennen, dass ich diese Aufmerksamkeit brauche und sie verdiene.
Aus dem wunderbaren Blog von Anja Kolberg http://www.frauencoaching.de

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